Von Tiefgründigkeit und Oberfläche

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Immer wieder stoße ich auf die Idee einer Dichotomie – im Sinne sich ausschließender Gegensätze – von Tiefgründigkeit und Oberflächlichkeit. An meinem Beispiel als Psychologin kann sich diese so darstellen: ENTWEDER ich beschäftige mich mit dem Seelenwohl und Wohlbefinden meiner Klient*innen, gehe in die Tiefe, frage nach Hintergründen und den Lebenssinnen, erarbeite Möglichkeitsräume, bin im Innen, bleibe bei den „wirklich wichtigen Themen“. ODER ich befasse mich mit Äußerlichkeiten, Oberfläche und deren Wirkung, arbeite mit Stereotypen und Mustern, mit Durchschnitts- und Idealdenken und greife „triviale Alltagsthemen“ auf.

Doch ist das wirklich ein entweder, oder…? Wie auch in Bezug auf die Themen Selbstannahme und/oder Optimierung bin ich der Ansicht, dass Tiefgang und Oberfläche Hand in Hand gehen können.

 

Subjektive Abwertung von Oberfläche – warum kommt es dazu?

Diese Frage begegnet mir regelmäßig im Zuge meiner Beschäftigung mit Weiblichkeit. In beruflichen und privaten Gesprächen erfahre ich oft, dass meine Gesprächspartner*innen glauben, wenn sie sich mit Schönheit, Attraktivität und Äußerlichkeiten befassen, dass …

… sie Stereotype unterstützen, die sie nicht festigen möchten.

… sie von anderen als oberflächlich abgestempelt werden.

… Ihnen  Kompetenz abgesprochen wird.

… dies nicht Ihrem fachlichen Hintergrund/ Ihrer Position/ dem Bild, das sie vermitteln möchten, entspricht.

 

Sowohl in Bezug auf die scheinbare Dichotomie von Tiefgründigkeit und Oberflächlichkeit, als auch auf andere, oftmals als Gegenpole verstandene Begriffe, wie z.B. Weiblichkeit und Männlichkeit, Karrierefrau und Mutter, Selbstannahme und Weiterentwicklung, gut und böse, introvertiert und extravertiert, liebevoll und abweisend, spielen Balance und Bewusst.Sein eine maßgebliche Rolle. Balance bedeutet in diesem Zusammenhang nicht die 50:50-Ausgeglichenheit zweier – vermeintlicher – Gegensätze, sondern ein intrapersonelles, stimmiges Verhältnis der beiden als widersprüchlich empfundenen Ausprägungen. Bewusst.Sein meint ein bewusstes Hinsehen, Wahrnehmen und Anerkennen dessen, was sich in uns abspielt. Wenn wir Balance und Bewusst.Sein herstellen, können vermeintlich unterschiedliche Welten nicht nur nebeneinander existieren und gelebt werden, sondern sich ergänzen und gegenseitig befruchten. Sie schließen einander nicht mehr aus. So können wir Anteile, die in uns sind, sich unserer Logik nach aber gegenseitig ausschließen müssten, koexistieren. Wenn Ihr diesen Möglichkeitsraum öffnet, erschließt Ihr einen Weg zu mehr Selbstannahme. Ich erlebe es oft, dass dieser Perspektivenwechsel Erleichterung und Klarheit verschafft.

 

In unserem Beispiel von Oberflächlichkeit und Tiefgründigkeit bedeutet dies, dass wir uns sowohl mit dem Innen, als auch mit dem Außen von Personen, Gegenständen, Gegebenheiten und Situationen befassen und eine Einstellung dazu haben dürfen. Oberfläche, z.B. Aussehen oder Kleidung, bestimmt dabei niemals das Wesen oder den Wert einer Person, aber sie hat Einfluss auf deren Wirkung – sowohl nach Außen, als auch nach Innen.

 

Wie geht es Euch mit scheinbar widersprüchlichen Einstellungen, Anteilen oder Herangehensweisen?

  • Widersprechen sich Oberflächlichkeit und Tiefgründigkeit in Euren Augen?
  • Wenn Ihr Euch entscheiden müsstet, würdet Ihr lieber glücklich einen wunderschönen Alltag leben und als oberflächlich bezeichnet werden oder einen Alltag ohne jegliche Schönheit leben, aber dafür als tiefgründig gelten?
  • Ist es wichtiger, was andere von Euch denken oder dass Ihr selbst von Euch sagen könnt, wer und wie Ihr seid?
  • Von welchem Trend (z.B.: Female Solopreneurship, Achtsamkeit, Selbstliebe, Nachhaltigkeit etc.) habt Ihr die Nase voll, obwohl ihr ihn eigentlich positiv findet?
  • Welcher tolle Trend macht euch aktuell mehr Stress, als dass er zu Eurem Wohlbefinden beiträgt?
  • Erwischt Ihr Euch dabei, Dinge nachzusprechen oder mitzumachen, nur weil sie als „gut“ bezeichnet werden?
  • Mit wem besprecht Ihr Eure widersprüchlichen Seiten/Anteile?
  • Wie gut gelingt es Euch, unterschiedliche Seiten in Euch zu erkennen, wahrzunehmen, anzunehmen, zu schätzen?

 

Ich hoffe, ich habe meine Ansichten halbwegs klar formuliert – meine „Einfach-drauf-los-schreiben“-Seite und meine „Klare-kurze-Sätze-anstreben“-Seite konnten sich heute nicht einigen, wer das Ruder übernimmt. Sollte erstere für Verwirrung gesorgt haben, zögert nicht, mich anzuschreiben und nachzufragen!

 

Alles Liebe,

Eure

Esther

 

Photo by Caroline Veronez on Unsplash

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