Wie komme ich zu „meiner Weiblichkeit“ – von Stereotypen und Rollenbildern III

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Vor zwei Wochen habe ich Euch gebeten, mir ein paar Stereotype, Rollenbilder oder Vorurteile in Bezug auf Weiblichkeit und Frau-Sein zukommen zu lassen. Ich habe nun eine kleine Sammlung zusammengetragen. Lest Euch folgende Sätze durch und schaut, auf welche Ihr reagiert: positiv wie negativ. Wenn Ihr den Eindruck habt, dass euch eine Aussage in Eurer Auseinandersetzung mit Weiblichkeit behilflich sein kann, nehmt sie in Eurer Weiblichkeits-Notizbüchlein auf. „Behilflich“ meint hierbei sowohl anregende als auch ablehnende Betroffenheit – ihr wisst ja noch: „Was trifft, betrifft.“

  • Frauen haben einen besonderen Sinn für Ästhetik.
  • Frauen legen Wert auf Ihr Äußeres.
  • Frauen versorgen gerne.
  • Frauen sind hilfsbereit.
  • Frauen sind empathisch.
  • Frauen sind verständnisvoll.
  • Frauen sind gesellig.
  • Frauen wollen gemocht werden.
  • Für Mütter stehen Kinder an erster Stelle.
  • Für Frauen ist Sex nicht so wichtig wie für Männer.
  • Weibliche Führungskräfte sind weniger durchsetzungsfähig als ihre männlichen Kollegen.
  • Weibliche Führungskräfte sind harmoniebewusst.
  • Attraktive Frauen machen leichter Karriere.
  • Frauen haben wenig Ahnung von Technik.
  • Frauen bewegen sich anmutig.

Ganz klar, diese Auswahl ist minimal im Hinblick auf die Anzahl von „Alltagsbildern“ in Bezug auf Frauen und Weiblichkeit. Und ebenso vergleichsweise „harmlos“  – ich könnte diese Liste fortführen, bis es sogar mir beinahe die Schames- oder Zornesröte ins Gesicht treiben würde. Ihr könnt die Liste natürlich entsprechend ergänzen.

 

5 gute Gründe

Warum nun aber eigentlich die (dreiwöchige) Auseinandersetzung mit Stereotypen und Co.?

  1. Alltagsbilder kennen lernen. Wenn Ihr Euch das erste Mal mit (Eurer) Weiblichkeit auseinandersetzt, kann es hilfreich sein,  Stereotypen, Rollenbildern und Vorurteile kennen zu lernen und diese reduzierten „Alltagsbilder“ auf Euch wirken zu lassen. Sie geben uns oftmals einen ersten Eindruck davon, was Weiblichkeit und Frau-Sein in einem undifferenzierten Sinne alles sein kann bzw. als was es gesehen werden kann.
  2. Wahrnehmung schärfen und erweitern. Die Auseinandersetzung lässt uns erkennen, mit welchen Filtern wir unsere Umgebung in Bezug auf Frau-Sein und Weiblichkeit wahrnehmen. Dann können wir uns mit „Filterwechseln“ spielen, indem wir andere Sinne schärfen und  neue Facetten entdecken und gleichzeitig bewusster mit unseren Standardfiltern umgehen (sie anwenden, weglassen, etc.).
  3. Betroffenheit klären. Wir nehmen wahr, welche Stereotype, Rollenbilder oder Vorurteile – von uns selbst oder anderen ausgesprochen – wie auf uns wirken und können unsere Betroffenheit als Hinweisschild (an)erkennen.
  4. Positive Zuschreibungen nutzen. Wenn wir uns klar machen, dass uns aufgrund unseres Frau-Seins auch viele positive Eigenschaften, wie beispielsweise Kommunikationsfähigkeit und Empathie, zugeschrieben werden, können wir dieses Wissen nutzen und um ein paar positive Skills mehr und entsprechend selbstbewusster in Bewerbungsgesprächen und Co auftreten.
  5. Negative Zuschreibungen neutralisieren. Genauso kann es uns passieren, dass wir „Vorurteilen über Vorurteile“ aufsitzen. Glauben wir beispielsweise, dass der Interviewer im Bewerbungsgespräch Frauen für wenig durchsetzungsstark hält, verhalten wir uns möglicherweise aufgrund unserer (falschen) Annahme unbewusst entsprechend – und erfüllen damit unsere eigene Prophezeiung. Wir können versuchen, andere nicht durch unsere „Vorurteils-Brille“ zu sehen. Und sollten wir tatsächlich mit negativen Zuschreibungen konfrontiert werden, ist es immer noch an uns, diesen Wirkung zu verleihen, sie selbstbewusst abprallen zu lassen oder aus einer möglichen Betroffenheit Nutzen zu ziehen.

 

Ausleben oder nicht ausleben, das ist hier die Frage

Viele von uns sind in Bezug auf das Ausleben von Weiblichkeit insbesondere im beruflichen Kontext hin- und hergerissen.

Hier ein Beispiel: Eine Mitarbeiterin wird zur Führungskraft. Sie ist eine sanfte Natur und ihre Vorgesetzte erklärt ihr, dass ihr Ton nun wohl rauher werden müsse, sonst könne sie ihr Team nicht führen. Sie fühlt sich allerdings wohl in ihrer „weiblichen“, sanften Art und will diese beibehalten. Da sie ihren Job aber gut machen möchte (im Sinne der Vorgesetzten), fühlt sie sich veranlasst, sich den raueren Ton als neues Arbeitstool anzueignen.

Vielfach tragen wir Widersprüche in Bezug auf den Umgang mit und das Ausleben von Stereotypen mit dem Kopf aus und handeln so, wie es „strategisch“ wohl am besten wäre. Im Berufskontext heißt das oft, die eigene Weiblichkeit mehr oder weniger zuhause zu lassen. Dazu gab’s letzte Woche schon ein kurzes Statement und es wird auch künftig Genaueres geben.

Noch deutlicher wird es, wenn Weiblichkeit im Beruf auf Sexappeal, figurbetontes Businesskostüm oder Verführungstalent reduziert wird.

„Erfolgsfaktor Weiblichkeit“ meint aber nicht, dass ich durch eine solche eingeschränkte Betrachtung von Weiblichkeit Erfolg habe, wie es eine Interpretation geformt aus einem negativen Vorurteil nahelegen würde. Der Erfolg besteht darin, dass ich…

…mich selbst voll und ganz wahr-, annehmen und einbringen,

…meine Weiblichkeit als positiven und starken Anker nutzen und

…sie und mit ihr verbundene Stärken – angepasst an die Situation in unterschiedlicher Art und Weise – einsetzen und ausleben kann.

 

Weiblichkeit 4.0

Mein Wunsch ist es, dass Weiblichkeit einen neuen Stellenwert bekommt. Einen positiven, starken. Dass Weiblichkeit nicht mehr in einseitige Ecken gedrängt wird, sondern wieder in ihrer Vielfalt und mit Stolz und Freude er- und ausgelebt wird. Dass Weiblichkeit nicht auf die (vergleichsweise wenigen, wenn auch deutlichen) beruflichen Nachteile reduziert wird, die die weibliche Biologie mit sich bringt.

Wenn Euch eine Facette von Weiblichkeit Spaß macht: lebt sie! Lasst Euch nicht reduzieren – nicht durch andere und auch nicht durch Euch selbst und Eure Vorstellungen von „frau sollte/ muss/ darf nicht/ …“. Aber ebensowenig durch ein erzwungenes Nicht-Erfüllen von Stereotypen.

 

Alles Liebe,

Eure

Esther

 

Photo by Michael Dam on Unsplash

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